29.07.2021
Andrea Tischhauser ist im Appenzellerland aufgewachsen und engagierte sich in der Kinder-/Jugendarbeit des Cevi und in der Kirchgemeinde. Kinder lagen ihr schon immer sehr am Herzen. Sie lernte Kinderkrankenschwester, bildete sich weiter als Mütterberaterin und arbeitete viele Jahre auf ihrem Beruf in der Schweiz, bis eine Reise nach Uganda ihr Leben veränderte. Die Not in Afrika hat sie nicht mehr losgelassen und sie entschied sich, ganz nach Uganda zu ziehen und mit Freunden, die sie in Uganda kennengelernt hatte, ein Hilfswerk aufzubauen.
Im Interview erzählt Andrea von NELIA und ihrem Engagement in Uganda:
Für was steht NELIA?
New Life Ambassadors Children Ministry. NELIA ist ein christliches Hilfswerk, das vor allem Kindern und alleinerziehenden Müttern, sowie Menschen im Dorf Tongolo eine neue Perspektive und Hoffnung für ihr Leben geben will. Unsere Vision ist es, durch Schulbildung, praktische Fürsorge wie medizinische und andere Nothilfe, sowie auch Beratung, den Menschen einen Weg aus der Armut zu ermöglichen.
Vor neun Jahren bist du zum ersten Mal nach Uganda gereist. Wie kam es, dass du 2016 deinen Lebensmittelpunkt nach Uganda verlegt hast, um ein Hilfswerk aufzubauen?
Nachdem ich ein Jahr in Afrika in einem bestehenden Hilfswerk mitgeholfen habe, konnte ich nicht einfach in der Schweiz weiterarbeiten wie bisher. Die Not in Uganda liess mich nicht mehr los. In der Schweiz arbeitete ich als Kinderkrankenschwester und habe mich zur Mütterberaterin weitergebildet. Auf der Suche nach meiner Berufung habe ich in Uganda gemerkt, dass dort mein Platz ist, wo ich mich für benachteiligte Menschen einsetzen kann. Mein Herz schlägt besonders für Kinder und diese gibt es in Uganda und ihre Not ist gross.
Wer gehört alles zum NELIA-Team in Uganda?
Geleitet wird das kleine Hilfswerk von John und Grace Rugambwa und mir. John und Grace stammen aus Uganda, ich aus der Schweiz. Wir haben vier Mitarbeitende für unser Farmgelände und weitere vier Mitarbeiter in unserer Fischfarm. Punktuell arbeiten weitere Menschen bei uns mit, z.B. die alleinerziehenden Mütter Sharon und Zaituna, die zum Waschen und für viele andere Arbeiten kommen.
Was möchtet ihr mit NELIA bewirken?
Unser Fokus liegt vor allem auf Kindern, die in grosser Armut und Einsamkeit leben. Das ist sogar in einer Familie möglich. Viele Familien in Tongolo sind nicht mehr komplett, da die Väter ihre Verantwortung nicht wahrnehmen und «fliehen». Sie suchen ihr «Glück» woanders, mit einer anderen Frau, in einem anderen Dorf, oder sogar im Ausland. Oft geschieht dies völlig überraschend, sozusagen über Nacht. Zurück bleiben die Frauen mit ihren Kindern ohne Schutz und Geld und mit der Überforderung, den Alltag zu meistern. Diesen Frauen und Kindern wollen wir eine neue Perspektive geben, praktische Nothilfe und ein besseres (Über-)Leben ermöglichen. Unser Wunsch ist auch Kinder, vor allem solche ohne Eltern oder aus sehr schlechten Verhältnissen, bei uns aufzunehmen und sie teilhaben zu lassen am Familien- und Farmleben.
Wie könnt ihr dies erreichen? Wie sehen eure konkreten Massnahmen aus, dieser Not zu begegnen?
Wir versuchen Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen, das vor allem durch Kinderpatenschaften oder Einzelspenden, die dafür eingesetzt werden. Oft sind die Eltern nicht in der Lage die hohen Schulgebühren für mehr als ein Kind aufzubringen, in den Familien gibt es jedoch viele Kinder. Das Erwerbseinkommen ist sehr gering in Tongolo, viele überleben von der Landwirtschaft, was wenig Geld einbringt.
Kinder aus desolaten Verhältnissen können bei uns aufgenommen werden, wenn das die Verwandtschaft bewilligt.
Wir unterstützen alleinerziehende Mütter mit Lebensmittelabgaben, mit Matratzen, Moskitonetzen, Arbeitsmöglichkeiten und medizinischer Hilfe. Wir reparieren auch mal eine Tür, ein Dach, oder eine Küche, einfach wo es am Nötigsten ist, und je nach unseren finanziellen Möglichkeiten.
Wir bringen Arbeitsplätze nach Tongolo. Nachdem die Fischerei gestorben ist (der Victoriasee ist total ausgefischt), müssen neue Lebenspläne geboren werden. Wir haben uns für den Aufbau einer Fischzucht entschieden, letztes Jahr und nun sind wir am zweiten Durchgang mit Tilapiafischzucht. Unser Gelände ist in der Nähe des Victoriasees und wir sind in ein paar Gehminuten am Wasser.
Was sind deine Wünsche und Visionen für das Projekt?
Wir träumen von einem grösseren NELIA-Kinderhaus mit Spielplatz auf unserem Gelände, von einer Bewässerungsanlage für unsere Landwirtschaft, von einem Stromanschluss, auf den wir schon lange warten und auf finanzielle Möglichkeiten, damit wir die extreme Armut in Tongolo Schritt für Schritt verändern können und sich der düstere, trostlose, Dorfcharakter wieder in Leben verändert. Mit der Zeit wünschen wir uns wieder gesunde, ganze Familien hier zu sehen, und veränderte Menschen zu kennen, die wieder Arbeit und Hoffnung gefunden haben. Kinder, die eine Ausbildung machen können. Wir wollen Familienleben und auch Glaubensleben vorleben und erleben, wie sich Menschen anstecken lassen. Wir wünschen uns Finanzen zum Aufbauen und Erweitern unserer Fischfarm, damit wir mehr Menschen eine Arbeit und somit Existenz gewähren können. Natürlich hilft uns das Einkommen der Fischfarm unsere Projektziele zu verfolgen. Nur, es braucht am Anfang viel Investition und einen langen Atem, bis es «rentiert».
Was erhoffst du dir aus der Zusammenarbeit mit der Inter-Mission Schweiz? Wie kann euch die Inter-Mission unterstützen?
Schon lange wollte ich einen Verein gründen in der Schweiz, damit ich unseren Spendern eine Steuerbefreiung garantieren kann und damit ich die administrativen Arbeiten auf mehrere Schultern verteilen kann. Zudem ist es ein stärkeres Gefäss für Fundraising, als wenn NELIA nur über «Andrea privat und ihre Familie» läuft. Dass es noch nicht soweit kam, ist eine Zeit- und Energiefrage. Das Leben in Afrika ist anstrengender, extremer, und um ein Vielfaches langsamer, sodass ich diesen Schritt noch nicht schaffte. Zudem lebe ich ja in Tongolo, und bin nur ein- bis zweimal im Jahr in der Schweiz. Zudem möchte ich meine Eltern entlasten, die sich die letzten vier Jahre intensiv für NELIA eingesetzt haben.
Dieses Jahr hat sich ein Kontakt mit der Inter-Mission ergeben, und wir haben schnell gemerkt, dass wir gut zusammenpassen in unseren Aufgaben, und dass sich damit der Aufwand einer Vereinsgründung erübrigt. Dafür bin ich sehr dankbar und ich freue mich, nun ein «Dach» über dem Kopf zu haben. Es entlastet mich auch in finanziellen Notsituationen, Engpässen oder anderen Schwierigkeiten.
Ich bin auch dankbar für eine administrative Entlastung rund um die Spendeneingänge, denn wenn NELIA wächst gibt es auch hier vor Ort immer mehr zu tun.
Ich bin der Inter-Mission sehr dankbar für ihr Engagement und ihrer Offenheit für unser Projekt. Wir freuen uns sehr, mit der Inter-Mission einen «Schweizer Brückenpfeiler» zu haben. Gerne bedanke ich mich an dieser Stelle für alle Mitarbeitenden der Inter-Mission, die mithelfen, dass Not in der Welt gelindert werden kann! Welch schöne Aufgabe. Und natürlich für jedes Herz, dass sich immer wieder neu motivieren lässt zu geben und zu teilen. Wer in der Schweiz leben kann ist sehr privilegiert.
Weitere Informationen zum Projekt: NELIA CHILDREN MINISTRY
Spenden für das Projekt NELIA (Spendenzweck "NELIA Uganda" angeben): Jetzt spenden